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sprachsensible Unterrichtsmaterialien in Leichter Sprache












Leichte-Sprache-Regeln für Sätze

Bei Sätzen ist es das Ziel,
     einfache Sätze (statt Satzgefüge und Reihungen)
     [sowie übersichtliche Sätze]
     im Verbalstil (statt im Nominalstil),
     die direkt (statt indirekt)
     und handlungsorientiert (statt geschehensorientiert)
     vom Hier-und-Jetzt aus (statt von fernen Zeitpunkten aus)
     auf die gegebene Welt (statt auf nicht Existentes) Bezug nehmen 
     (Bredel & Maaß, 2016b, S. 87; Ergänzung durch P. C. in eckigen Klammern gehalten)
zu formulieren. 




Satzgefüge in die Leichte Sprache überführen

Um einfache Sätze (Hauptsätze) gemäß den Leichte-Sprache-Regeln zu erhalten, können bei Satzgefügen und Reihungen nach Bredel & Maaß (2016a) verschiedene Techniken angewandt werden.


Relativsätze 

Grundlegend ist zwischen restriktiven (Beispielsatz 1) und nicht restriktiven Relativsätzen (Beispielsatz 2) zu unterscheiden. Während "restriktive Relativsätze (. . .) die Menge der Elemente, die das Bezugsnomen bezeichnet, ein[schränken]" (Bredel & Maaß, 2016a, S. 387), findet keine derartige Einschränkung bei den nicht restriktiven Relativsätzen statt und "der Referent des Bezugsnomens [ist] dem Rezipienten schon bekannt" (Bredel & Maaß, 2016a, S. 387). 

Dieser Umstand bedingt eine unterschiedliche Herangehensweise bei der Überführung von Relativsätzen in die Leichte Sprache. 

Ausgangssatz

Semantik (Bedeutung)

Überführung in LS

1. Alle Mädchen, die in Klasse 5a sind,
freuen sich auf die Ferien.

relativ 
und restriktiv

zuerst die Aussage des Relativsatzes,
dann die Aussage des Hauptsatzes

In Klasse 5a sind Mädchen.
Und die Mädchen freuen sich auf die Ferien.

2. Der Schüler Lukas, der Schulsanitäter ist, unterstützte die Schulleitung.

relativ und nicht restriktiv

Reihenfolge beliebig

Lukas ist Schul·sanitäter.
Und Lukas hat die Schul·leitung unterstützt.

Oder: 
Lukas hat die Schul·leitung unterstützt. 
Lukas ist nämlich Schul·sanitäter.


Adverbiale Nebensätze

Adverbiale Nebensätze unterscheiden sich in Bezug auf ihre Semantik. So gibt es Konditionalsätze (Bedingung; Beispielsatz 3), Kausalsätze (Begründung; Beispielsatz 4), Finalsätze (Zweck; Beispielsatz 5), Konsekutivsätze (Folge; Beispielsatz 6), Konzessivsätze (Erwartungswidrigkeit; Beispielsatz 7), Temporalsätze (zeitliche Abfolge; Beispielsätze 8a, 8b und 8c) und Adversativsätze (Gegensatz; Beispielsatz 9). Bei der Übertragung von adverbialen Nebensätzen in die Leichte Sprache sollen sowohl Hauptsätze entstehen als auch die Semantik erhalten bleiben. 

Ausgangssatz

Semantik (Bedeutung)

Überführung in LS

3. Wenn die Schüler ihre Hausaufgaben machen,
bekommen sie eine gute Note.

konditional

Nebensatz als Frage umformulieren, der zweite Satz beginnt mit <dann>; oder Nebensatz mit <vielleicht> formulieren, der zweite Satz beginnt mit <dann>

Machen die Schüler ihre Haus·aufgaben?
Dann bekommen sie eine gute Note.

Oder: 
Vielleicht machen die Schüler
ihre Haus·aufgaben.
Dann bekommen sie eine gute Note.

4. Weil Ali einen guten Abschluss gemacht hat, lobt ihn die Klassenlehrerin.

kausal

Hauptsatz mit <deshalb> bzw. <deswegen> oder Nebensatz mit <nämlich> formulieren

Ali hat einen guten Abschluss gemacht.
Deshalb lobt ihn die Klassen·lehrerin.

Die Klassen·lehrerin lobt Ali.
Ali hat nämlich einen guten Abschluss
gemacht.

5. Ermis arbeitet gut mit,
damit er viele Sterne bekommt.

final

finale Semantik verdeutlichen, Modalverben verwenden, Ziel vor Mittel nennen, <deshalb>

Ermis will viele Punkte bekommen.
Deshalb arbeitet Ermis gut mit.

6. Patrick wird versuchen, seine Leistungen so zu verbessern, dass er eine Ausbildung findet. 

konsekutiv

Konsekutivsatz gibt die Folge des Hauptsatzes an und häufig kommt die Subjunktion <so dass> vor, keine Standardlösung zur Übertragung in die Leichte Sprache vorhanden

Das will Patrick versuchen:
Patrick gibt sich mehr Mühe. 
Das heißt: 
     Patrick will bessere Noten. 
Denn Patrick will eine Ausbildung finden. 

7. Obwohl die Lehrkraft eine volle Schatztruhe hatte, konnte sich Vasedthee nicht für ein Geschenk entscheiden.

konzessiv

konzessive Semantik verdeutlichen, Hintergrundwissen sichern, <trotzdem>

Schüler können im Unterricht
Sterne verdienen.
Die Lehr·kraft gibt Schülern Sterne für:

  • gutes Verhalten
  • und gute Mitarbeit.

Die Lehr·kraft hat
eine Schatz·truhe mit Geschenken.
Die Schüler tauschen ihre Sterne
gegen Geschenke ein.
Die Lehr·kraft hatte eine volle Schatz·truhe.
     Das heißt:
     In der Schatz·truhe waren viele Geschenke.
Trotzdem hat sich Vasedthee nicht für
ein Geschenk entscheiden können.

8a. Als die Lehrkraft in das Klassenzimmer kam,
spielten die Schüler Uno.

temporal, Gleichzeitigkeit

Reihenfolge chronologisch korrekt wiedergeben; <dann>

Die Lehr·kraft ist in das Klassen·zimmer
gekommen.
Und die Schüler haben Uno gespielt.

8b. Die Lehrkraft begrüßt die Schüler herzlich, bevor der Unterricht beginnt.

temporal, Nachzeitigkeit

Reihenfolge chronologisch korrekt wiedergeben; <dann>

Die Lehr·kraft begrüßt die Schüler herzlich.
Dann beginnt der Unterricht.

8c. Die Schüler setzten sich auf ihre Plätze, nachdem die Lehrkraft den Klangstab benutzt hatte.

temporal, Vorzeitigkeit

Reihenfolge chronologisch korrekt wiedergeben und <dann>

Die Lehr·kraft hat den Klang·stab benutzt.
Dann haben sich die Schüler auf ihre Plätze
gesetzt.


Ergänzungssätze

Bei Ergänzungssätzen werden die Prädikate in Hauptsätzen anstatt mit normalen Objekten mit Nebensätzen ergänzt. Mögliche Subjunktionen von Ergänzungssätzen sind <dass> (Beispielsatz 9a), <ob> (Beispielsatz 9b) oder ein W-Wort wie <was> oder <wer> (Beispielsatz 9c). Die Übertragung von Ergänzungssätzen in die Leichte Sprache orientiert sich an der Subjunktion, die den Ergänzungssatz einleitet. 

Ausgangssatz

Semantik 

(Bedeutung)

Überführung in LS

9a. Alle Schüler wissen,
dass der Schulsanitätsdienst Spaß macht.

Ergänzungssatz

Übertragung mit Doppelpunkt zwischen den Sätzen

Alle Schüler wissen:
     Der Schul-Sanitäts·dienst            macht Spaß.

9b. Jasmin überlegt, ob sie die Hausaufgaben machen soll. 

Ergänzungssatz

Ergänzungssatz wird zu Frage umformuliert

Jasmin überlegt: 
     Soll ich die Haus·aufgaben
     machen?                            

9c. Die Schüler überlegen, was sie zum Frühstück mitbringen wollen.

Ergänzungssatz

Ergänzungssatz wird zu Frage umformuliert

Die Schüler überlegen:
     Was wollen wir zum                      Frühstück mitbringen?





Reihungen in die Leichte Sprache überführen

Auch wenn bei Satzreihen ausschließlich Hauptsätze vorliegen, können Anpassungen im Hinblick auf die Leichte-Sprache-Regeln notwendig sein. Dies betrifft vor allem Reihungen mit den Konjunktionen <und> (Beispielsätze 10a und 10b), <oder> (Beispielsätze 11a und 11b) sowie <aber> (Beispielsatz 12). 


Ausgangssatz

 Semantik

(Bedeutung)

 

Überführung in LS

10a. Wiktoria und Vasedthee sind
im Schulsanitätsdienst.

satzinterne Koordination 
mit <und>, additiv

Überführung mit <und> oder <auch> 

Wiktoria ist 
im Schul·sanitäts·dienst.
Und Vasedthee ist 
im Schul·sanitäts·dienst.

Oder mit Gemeinsamer Einordnungsinstanz (GEI): 
Diese Schülerinnen sind 
im Schul-Sanitäts·dienst:

  • Wiktoria
  • und Vasedthee.

10b. Wiktoria ist im Schulsanitätsdienst und Gianvito ist in der Fußball-AG.

satzexterne Koordination
mit <und>, additiv

Überführung mit <und> oder <auch>

Wiktoria ist 
im Schul·sanitäts·dienst.
Und Gianvito ist 
in der Fußball-AG.


11a. Die Schüler bekommen Lutscher oder Gummibärchen.

einander ausschließend mit exklusiver Lesart

Überführung mit <oder>

Die Schüler bekommen Lutscher.
Oder die Schüler bekommen
Gummi·bärchen.

11b. Die Schüler bekommen Heftpflaster von Frau Schäffer 
oder von Herrn Catani.

einander ausschließend mit inklusiver Lesart

Überführung mit <und>

Die Schüler bekommen Heft·pflaster 
von Frau Schäffer.
Und die Schüler bekommen Heft·pflaster von Herrn Catani.

12. Der Unterricht ist lustig,
 aber lehrreich.

adversativ (gegensätzlich)

Überführung mit <aber>

Schüler sollen im Unterricht lernen.
Und oft ist Unterricht nicht lustig.
Aber dieser Unterricht ist lustig.
Denn...





Übersichtliche Sätze in Leichter Sprache formulieren

Die Anordnung der Wörter im Satz richtet sich im Deutschen nach dem Feldermodell. Das Feldermodell unterscheidet das Vorfeld, die linke Verbklammer, das Mittelfeld und die rechte Verbklammer. Um unübersichtliche sowie unverständliche Sätze wie den Beispielsatz 16 zu vermeiden, empfehlen Bredel & Maaß (2016b), sich beim Satzbau an das Subjekt-Prädikat-Objekt-Schema zu halten (Beispielsätze 13 und 14). Von dieser Empfehlung kann abgewichen werden, wenn den Adressaten ein Themen-, Orts- oder Satzwechsel angezeigt werden soll. Hierzu können adverbiale Bestimmungen in das Vorfeld aufgenommen werden (Beispiel 15). Weiterhin soll darauf geachtet werden, nach Möglichkeit einteilige Prädikate (Beispielsatz 13) zu verwenden. Ist dies nicht leistbar, sind zweiteilige Prädikate erlaubt (Beispielsatz 14). Jedoch hat das Mittelfeld in solchen Fällen kurz zu sein.  

Vorfeld

linke Verbklammer

Mittelfeld

rechte Verbklammer

13. Lukas

ist

Schul·sanitäter.


14. Gianvito

hat

die Tafel

gewischt.

15. Am Freitag

haben

die Schüler:innen keinen Nachmittagsunterricht.


16. In dem mit großer Mehrheit gebilligten Abschnitt der Wahlplattform über die innere Sicherheit

wird

die Verhinderung von Verbrechen durch die Reform der Verhältnisse (...) als oberstes Ziel

genannt.

Satz 16 wurde Wolf Schneiders Buch Deutsch für Profis entnommen und wird von ihm als Negativbeispiel bezeichnet. Der Satz enthält neben einem vollen Vorfeld, zahlreiche Nominal- und Präpositionalkonstruktionen, ein langes Mittelfeld  und eine überdehnte Verbklammer (Schneider, W. (1983). Deutsch für Profis. Handbuch der Journalistensprache—Wie sie ist und wie sie sein könnte. (5. Aufl.). Gruner + Jahr, S. 104).


Nominalkonstruktionen in die Leichte Sprache überführen

In der Leichten Sprache sind Nominalkonstruktionen verboten. Aus diesem Grund sollen Nominalkonstruktionen nach Bredel & Maaß (2016b) in einen Verbalstil überführt werden.

Das grundlegende Schema lautet hierbei:

Nominalkonstruktion → Verbalstil → Leichte Sprache

Im Einzelnen bedeutet dies, dass Nominalkonstruktionen zunächst in einen Verbalstil umzuwandeln sind (Beispielsatz 17a). Das Ergebnis hieraus soll der Kernbedeutung der Nominalkonstruktion entsprechen und besteht meist aus einem Satzgefüge. Anschließend wird das Satzgefüge mit den oben dargelegten Techniken in Satzreihen umgewandelt (Beispielsatz 17b). Anschließend kann es noch notwendig sein, Passivkonstruktionen in eine direkte Konstruktion zu überführen und Anpassungen auf der Wortebene vorzunehmen (Beispielsatz 17c).

Beispielsatz 17 

Eine Einteilung der Termine wird dann von der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer vorgenommen, damit unnötige Wartezeiten verhindert werden.

Beispielsatz 17a 
Die Termine werden vom Klassenlehrer eingeteilt, damit unnötige Wartezeiten verhindert werden.

Beispielsatz 17b 
Wir wollen Wart·zeiten verhindern.
Deshalb werden die Termine vom Klassen·lehrer eingeteilt.

Beispielsatz 17c
Das wollen wir:
     Sie müssen nicht warten.
Deshalb teilt der Klassen·lehrer die Termine ein.


Genitivkonstruktionen in die Leichte Sprache überführen 

Bredel & Maaß (2016a) bezeichnen die Leichte Sprache als Sprachform mit drei Kasus: Nominativ, Akkusativ und Dativ. Der Dativ hat hierbei den verbotenen Genitiv zu ersetzen, da dieser der "Meister der nominalen Komplexität" (Bredel & Maaß, 2016b, S. 108) ist. Folglich sind Genitivkonstruktionen mithilfe von von-, für- oder aus-Phrasen in den Dativ zu übertragen (Beispiele 18).

Beispiele 18
der Hut des Vaters - der Hut vom Vater
Baden-Württemberg-Ticket zweiter Klasse - Baden-Württemberg-Ticket für die zweite Klasse

Wenn eine Genitivkonstruktion sich auf ein nominalisiertes Verb bezieht, kann eine Umwandlung ebenso mit einer Verbalkonstruktion stattfinden (Bredel & Maaß, 2016a) (Beispiel 19).

Beispiel 19
Herrn Vouttas Leitung der Schule - Herr Voutta leitet die Schule

Feste Wendungen im Genitiv können jedoch stehen bleiben, insofern ihnen eine besondere Bedeutung für den Text zukommt und eine Erklärung stattfindet (Bredel & Maaß, 2016a) (Beispiele 20).

Beispiele 20
das Gebot der Stunde
die Frau/der Mann der Stunde


Bei Präpositionalkonstruktionen im Genitiv kann der Dativ den Genitiv ersetzen. Diese Ersetzung führt aber nicht immer zu einer Vereinfachung des komplexen Satzes. Deshalb ist bei Präpositionalkonstruktionen im Genitiv eine Auflösung der Konstruktion das Ziel. Die Auflösung soll jedoch die Kernbedeutung deutlich machen (Beispielsatz 21).

Beispielsatz 21
Trotz des guten Wetters haben die Kinder schlechte Laune.
Trotz dem Wetter haben die Kinder schlechte Laune. (Die Aussageabsicht wird nicht deutlich kommuniziert. Denn wahrscheinlich möchte der Schreiber ausdrücken, dass Kinder bei gutem Wetter in der Regel gute Laune haben, aber dies im vorliegenden Fall nicht so ist.)
Das Wetter ist gut.
Trotzdem haben die Kinder schlechte Laune.


Indirekte Sätze in direkte Leichte-Sprache-Sätze überführen

Die Leichte Sprache soll durch eine Nähe zu den Adressaten geprägt sein. Deshalb ist der Konjunktiv verboten, weil in Form der indirekten Rede (Konjunktiv I) nur ein indirekter Bezug zur Welt hergestellt oder mit Konjunktiv-II-Formen auf gedachte oder mögliche Sachverhalte verwiesen wird. Indirekte Konstruktionen in Ausgangstexten sollen grundlegend in direkte Konstruktionen umgewandelt werden (Bredel & Maaß, 2016b).

So werden Sätze in indirekter Rede in direkte Rede übertragen. Um deutlich zu machen, dass es sich um die Wiedergabe einer direkten Rede handelt, soll eine Einrückung vorgenommen werden. Darüber hinaus können Anführungsstriche verwendet werden. Dies sollte aber nur dann geschehen, wenn die direkte Rede den tatsächlichen Wortlaut des Gesagten wiedergibt (Beispielsatz 22). Die Autorinnen geben jedoch zu bedenken, dass die Verwendung von Anführungszeichen mit Bedacht stattzufinden hat. Denn auch die Wiedergabe der direkten Rede hat in Leichter Sprache stattzufinden, was die Redewiedergabe und den tatsächlichen Wortlaut sprachlich voneinander trennt (Bredel & Maaß, 2016b). 

Beispielsatz 22
Ben sagte, dass der Schulsanitätsdienst Spaß mache.
Ben hat gesagt: 
     Der Schul-Sanitäts·dienst macht Spaß.

Mit Konjunktiv-II-Formen kann eine Person sich auf Gedachtes (Irrealis) und auf Mögliches (Potenzialis) beziehen. Bei dem Bezug auf Gedachtes handelt es sich um Sachverhalte, die nicht mehr eintreffen werden und eine Verneinung implizieren (Beispielsatz 23). Konjunktivkonstruktionen, die sich auf Mögliches beziehen, weisen eine Wenn-Dann-Beziehung auf. Deshalb können sie mit <vielleicht> wie konditionale Satzgefüge in die Leichte Sprache überführt werden (Beispielsatz 24) (Bredel & Maaß, 2016b).

Beispielsatz 23
Hätte Dustin die Abschlussprüfung bestanden, hätte er seine Ausbildung beginnen können.

Dustin hat die Abschluss·prüfung nicht bestanden.
Deshalb kann er seine Ausbildung nicht beginnen.

Beispielsatz 24
Wenn Dustin seine Abschlussprüfung bestehen würde, könnte er seine Ausbildung beginnen.

Vielleicht besteht Dustin seine Abschluss·prüfung.
Dann kann Dustin seine Ausbildung beginnen.


Geschehensorientierte in handlungsorientierte Leichte-Sprache-Sätze überführen

Das Passiv ist in der Leichten Sprache ebenso verboten, da "(...) die Geschehensperspektive schwerer zu verarbeiten (ist) als die Handlungsperspektive" (Bredel & Maaß, 2016b, S. 111). Deshalb sollen Passivsätze (geschehensorientiert) in Aktivsätze (handlungsorientiert) überführt werden. Hierzu ist es notwendig, die Handlungsträger herauszufinden. Die Information über einen Handlungsträger sind dem Passivsatz zu entnehmen (Beispielsatz 25). Wo der Passivsatz keine Aussage trifft, sind die Verfasser einer Broschüre als Handlungsträger anzunehmen (Beispielsatz 26), ist das eigene Weltwissen zu nutzen (Beispielsatz 27) oder hat eine Recherche zu den Hintergründen stattzufinden (Beispielsatz 28) (Bredel & Maaß, 2016b).

Beispielsatz 25
Der Bundeskanzler wird vom Bundespräsidenten ernannt.
Der Bundes·präsident ernennt den Bundes·kanzler.

Beispielsatz 26
Alle Regeln der Leichten Sprache können hier nicht wiedergegeben werden.
Es gibt viele Regeln für die Leichte Sprache.
Der Verfasser kann nicht alle Regeln beschreiben

Beispielsatz 27
Dennis wird verhaftet.
Die Polizei verhaftet Dennis.
Alternative: 
Die Polizei nimmt Dennis mit.

Beispielsatz 28
Die Nummer 116 117 wird häufig am Wochenende benutzt.
Vielleicht sind Sie am Wochen·ende krank.
Aber Ihr Arzt arbeitet am Wochen·ende nicht.
Dann können Sie zum Ärztlichen Bereitschafts·dienst.
Ärztlicher Bereitschaft·dienst bedeutet:
     Ein Arzt arbeitet am Wochen·ende.
     Und Sie können zu dem Arzt gehen.
Der Ärztliche Bereitschafts·dienst hat eine Telefon·nummer:
     116 117.
Und Sie können 116 117 anrufen.
Und Sie hören:
     Welcher Arzt arbeitet am Wochen·ende?
     Wo ist der Arzt?

Neben den oben dargelegten Passivsätzen können auch Infinitivsätze (Beispielsatz 29a und 29b) und Adjektive mit der Endung -bar (Beispielsatz 30) Handlungsträger verschleiern. Auch in diesen Fällen sollen die Ausgangssätze in Konstruktionen überführt werden, die die Handlungsträger klar benennen. Gleiches gilt für Ausgangstexte, in denen Handlungsträger mit den Pronomen man, jemand oder wer (Beispielsatz 31) bezeichnet werden, bei denen nicht auf die Handlungsträger geschlossen werden kann.

Beispielsatz 29a 
Gülcan bittet Mariella, das Fenster zu öffnen.
Gülcan sagt zu Mariella:
     Bitte öffne das Fenster.

Beispielsatz 29b
Gülcan verspricht Mariella, das Fenster zu öffnen.
Gülcan sagt zu Mariella:
     Ich öffne das Fenster.

Beispielsatz 30
Das Mittagessen in der Jugendherberge war nicht essbar.
Die Schüler konnten das Mittag·essen in der Jugend·herberge
nicht essen.
Denn...

Beispielsatz 31
Wer sich mit der Leichten Sprache beschäftigt, hat Freude daran.
Beschäftigen Sie sich mit der Leichten Sprache?
Dann haben Sie Freude an der Leichten Sprache.


Von fernen Zeitpunkten aus formulierte Sätze in das Hier-und-Jetzt der Adressaten holen

Bei den Tempora sind das Präsens und das Perfekt die einzigen Zeitformen, die in der Leichten Sprache erlaubt sind. Denn Präteritum, Plusquamperfekt und Futur betrachten Ereignisse in der Vergangenheit oder Zukunft nicht vom Hier-und-Jetzt aus. Vielmehr eröffnen sie einen "anderen, fernen Verweisraum, der keinen Anschluss an das Hier und Jetzt" (Bredel & Maaß, 2016b, S. 119) vorweisen kann. Ausnahmen dieser Regel sind bei den Modalverben <können>, <dürfen>, <sollen>, <müssen> sowie <wollen> und den Hilfsverben <sein> sowie <haben> möglich, die im Präteritum stehen können (Bredel & Maaß, 2016b).

Soll auf Ereignisse in der Vergangenheit verwiesen werden, werden diese mit einer einleitenden Zeitangabe und entsprechend der Chronologie der Abläufe im Präsens wiedergegeben (Bredel & Maaß, 2016b). Bredel & Maaß (2016a, S. 325) nennen diese einleitenden Formeln das "historische Präsens" (<Wir sind im Jahr ...>), das die Autorinnen vor allem für geschichtliche Sachtexte empfehlen.

Bei Ereignissen, die in der Zukunft stattfinden und im Futur ausgedrückt werden, sind zwei Formen voneinander zu unterscheiden. Zum einen können sich Futurformen auf Zukünftiges beziehen, was im Präsens und mit dem Zeitadverb <später> oder einer anderen Zeitangabe deutlich gemacht werden kann (Beispielsatz 32). Zum anderen finden sich auch Futurformen mit Vermutungsbedeutung. Diese Futurformen verweisen ebenso auf ein in der Zukunft liegendes Ereignis, schränken jedoch die Wahrscheinlichkeit ein, mit der es eintreten wird. Sollen Futurformen mit Vermutungsbedeutung in die Leichte Sprache übertragen werden, können Modalverben im Präsens und Modaladverbien wie <vermutlich>, <wahrscheinlich> oder <bestimmt> angewendet werden (Beispielsatz 33). Bredel und Maaß (2016b) weisen aber auch darauf hin, dass es gelegentlich angebracht sein kann, die Zeitform nicht in das Präsens zu übertragen. Dies ist dann der Fall, wenn mithilfe der Futurform der Zukunftsbezug besser kommuniziert werden kann.

Beispielsatz 32
Die Schüler der Abschlussklasse sind fort. Wir werden sie vermissen.
Die Schüler der Abschluss·klasse haben ihren Schul·abschluss gemacht.
Und deshalb sind die Schüler der Abschluss·klasse nicht mehr da.
Wir vermissen die Schüler der Abschluss·klasse jetzt schon.

Beispielsatz 33
Manchmal werden die Schüler der Abschlussklasse traurig sein und
die Schule vermissen.
Vielleicht sind die Schüler der Abschluss·klasse traurig.
Und wahrscheinlich vermissen die Schüler der Abschluss·klasse
die Schule.


Mit Leichte-Sprache-Sätzen auf die gegebene Welt Bezug nehmen

Auch wenn die Leichten Sprache die gegebene Welt zum Bezugspunkt nimmt und Verneinungen in der Verarbeitung problembehafteter sind, kann nach Bredel & Maaß (2016b) nicht gänzlich auf sie verzichtet werden. Sind Verneinungen in die Leichte Sprache zu übertragen, soll nach positiven Formulierungen gesucht werden, die die Kernbedeutung korrekt wiedergeben (Beispielsatz 34). Wenn dies nicht möglich sein sollte, dann schlagen die Autorinnen die Verneinung mit den Wörtern <nicht> (Beispielsatz 35) sowie <nichts> vor. Diese Wörter können im Gegensatz zu anderen Wörtern wie <k-ein>, <unglücklich>, <ehelos> oder <nichtehelich> selbstständig in einem Satz vorkommen. In Fällen, in denen eine Verneinung mit <nicht> oder <nichts> ausgeschlossen ist, kann <kein> verwendet werden (Beispielsatz 36). Die Wörter <nicht>, <nichts> und <kein> tragen im Vergleich zu <niemals> und <nirgends> darüber hinaus keine zusätzliche zeitliche oder räumliche Bedeutung. Des Weiteren sind verneinende Wörter stets zu fetten, damit die Adressaten sie besser wahrnehmen können.

Beispielsatz 34
Der Schüler ist nicht krank, weil er jeden Tag einen Apfel ist.
Der Schüler ist gesund.
Denn er isst jeden Tag einen Apfel.

Beispielsatz 35
Emre möchte Justin nicht verletzen.
*Emre möchte die Gesundheit von Justin erhalten.
Emre möchte Justin nicht wehtun.

Beispielsatz 36
Verbandpäckchen sind steril.
Du kannst mit Verband·päckchen eine Wunde versorgen.
Denn auf Verband·päckchen sind keine Krankheits·erreger.









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