Lernförderliches Feedback geben
"Never grade students while they are still learning" (Kohn, 1994, S. 41 Wiliam & Leahy, 2015, S. 130).
Feedback
Lehrkräfte sollen sich nach Wiliam & Leahy (2015) weniger Gedanken darüber machen, wie sie den Lernenden ein Feedback geben. Von weitaus größerer Bedeutung ist, dass Lehrkräfte die Reaktion der Lernenden auf Feedbacks beobachten. Denn hinsichtlich der Reaktion auf Feedbacks sind auf Seiten der Lernenden sowohl deren Selbstkonzept als auch die Qualität der Schüler-Lehrer-Beziehung ausschlaggebend dafür, ob Rückmeldungen angenommen sowie umgesetzt werden. Deshalb kommen Wiliam & Leahy (2015, S. 109) zu folgendem Schluss:
"(T)he most effective feedback is just feedback that our students actually use in improving their own learning".
Deshalb sehen Wiliam & Leahy (2015) in der Beziehungsarbeit eine alternativlose Voraussetzung für eine angemessene Unterstützung der Lernenden. Denn nur Lehrende, die ihre Lernenden kennen, können effektive Rückmeldungen geben.
Lehrkräfte sollen bei Feedbacks überdies sowohl unterstützende als auch kritische Aspekte ansprechen, wobei es bei Lernenden mit einem stabilen mindset nicht notwendig ist, Rückmeldungen künstlich "weichzuspülen". Als empfehlenswert werden Rückmeldungen bezeichnet, die einen Bezug zur Aufgabenstellung herstellen, aber die Persönlichkeit der/des Lernenden gänzlich außen vor lassen (Wiliam & Leahy, 2015).
Wiliam & Leahy (2015) weisen auch ausdrücklich darauf hin, dass nicht jede Schüler:innen-Leistung einer Rückmeldung bedarf. Lehrende sollen ihre schriftlichen Rückmeldungen auf eine bestimmte Anzahl beschränken und den Lernenden im Gegenzug die Möglichkeit einräumen, auf eine Lehrkräfte-Rückmeldung (schriftlich) zu antworten, sie umzusetzen oder die Arbeitsergebnisse der Mitschüler:innen zu kommentieren.
Deshalb empfehlen Wiliam & Leahy (2015) Lehrkräften, ihr Feedback als "detective work" gestalten, damit Lernende auf Grundlage der Lehrkräfte-Rückmeldungen zum Denken sowie Handeln veranlasst werden und das Feedback zum "recipe for future action" (Wiliam, 2018, S. 141 nach Solution Tree, 2018, S. 77) werden kann. Für das Etablieren einer Feedback-Kultur schlagen Wiliam & Leahy (2015) Lehrkräften eine bestimmte Vorgehensweise vor. Zu Beginn sollen Lehrkräfte-Kommentare auf ein anonymes Arbeitsbeispiel angewendet werden, mit dem Ziel, dieses zu verbessern. Daraufhin können Lehrende ihre Kommentare den Arbeitsbeispielen der Lernenden zuordnen lassen, was eine vertiefte Beschäftigung mit den Kommentaren und den Arbeitsbeispielen voraussetzt. Anschließend können Lernende die Arbeitsergebnisse ihres Partners im Sinne eines Peer-Feedbacks kommentieren und schlussendlich haben die Lernenden eine Evaluation bei eigenen Arbeitsergebnissen vorzunehmen. Lehrkräfte-Rückmeldungen kann des Weiteren auch der Charakter von Arbeitsanweisungen zukommen. Hierzu streichen Lehrkräfte Fehler nicht direkt an, sondern geben den Lernenden lediglich Hinweise auf die Anzahl oder die Art der Fehler (Rechtschreibung, Grammatik, Satzbau, Zeichensetzung, Ausdruck, Tempus etc.), wozu auch verschiedenen Korrekturfarben verwendet werden können.
Grundlegend sollen Feedbacks auch mehr Arbeit für Schüler:innen als für Lehrkräfte bedeuten, sich auf bestimmte Aspekte beschränken und einen Bezug zu den Lernzielen erkennen lassen (Solution Tree, 2018).
Darüber hinaus wird für effektive Rückmeldungen empfohlen, Kommentare und Noten auf keinen Fall gemeinsam einzusetzen, da die Kommentare für die Lernenden meist an Bedeutung verlieren, wenn zugleich Noten gegeben werden. Deshalb erscheint es zur Unterstützung von Lernprozessen als empfehlenswert, gänzlich auf Noten zu verzichten und das Hauptaugenmerk auf lernförderliche Rückmeldungen zu legen (Wiliam & Leahy, 2015).
Für Jones (2021) haben Rückmeldungen drei Bedingungen zu erfüllen. Sie sollen verständlich, hilfreich und umsetzbar sein. Überdies sollen Lehrkräfte in ihrer Unterrichtsplanung häufige Fehlannahmen und Fehlerquellen vorwegnehmen, um das Lernen der Schüler:innen optimieren zu können.
Lob
Vorsicht ist bei Lob geboten. Denn laut Good & Grouws (1975 nach Solution Tree, 2018) kann sich Lob, das von Lernenden als Feedback aufgefasst wird, nachteilig auf Lernleistungen auswirken. Um dies zu vermeiden, sollen Lehrkräfte nach Brophy (1981 nach Solution Tree, 2018) Schüler:innen unregelmäßig, glaubwürdig, leistungs- sowie aufgabenbezogen und authentisch loben.
Beispiel für ungeeignetes Lob
Du kannst so schön zeichnen.
Beispiel für geeignetes Lob
Mir gefällt, dass du beim Zeichnen dein Geodreieck und einen gespitzten Bleistift benutzt hast.
Growth Mindset
Die Effektivität einer Lehrkräfte-Rückmeldung hängt auch vom mindset der Lernenden ab (siehe oben). Wiliam & Leahy (2015) plädieren dafür, bei den Lernenden Fleiß anstelle von Fähigkeiten zu loben. Auf diese Weise können Lernende ein "growth mindset" entwickeln, bei dem Lernerfolg nicht als etwas Naturgegebenes, sondern als Ergebnis beständiger Arbeit verstanden wird. Lernende mit einem "growth mindset" sind auch dazu in der Lage, mit Rückschlägen besser umzugehen, da sie die Ursache nicht bei einer unzureichenden Intelligenz verorten.
Denn "(p)erhaps more simply, smart ist not something your are, it´s something you get (...)" (Howard, 1991 nach Wiliam & Leahy, 2015, S. 113).
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