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Lernende unterstützen einander beim Lernen





Lernziele


Lernstände


Feedback


Selbstregulation


Die Tabelle veranschaulicht die Strategien der formativen Evaluation Sowohl stärkere als auch schwächere Lernende profitieren laut Wiliam & Leahy (2015) von gemeinsamen Lernphasen.


"Engaging students in assessing the work of their peers is not just a labor-saving device for teachers. Implemented properly, it can substantially increase student achievement, both for those who get help from their peers, and peers who provide the help" (Wiliam & Leahy, 2015, S. 137).

Kooperation

Arbeiten Schüler:innen als Gruppe, profitieren sowohl schwächere als auch stärkere Lernende davon. Während schwächere Schüler:innen von stärkeren Schüler:innen unterstützt werden können, erhalten stärkere Schüler:innen die Möglichkeit, Lerninhalte zu wiederholen und zu vertiefen. Indem stärkere Schüler:innen schwächere Schüler:innen beim Lernen unterstützen, werden Lerninhalte nämlich elaboriert (Wiliam & Leahy, 2015).
Damit Lernende als Gruppe arbeiten können, bedarf es aber einer Vorbereitung. Die Arbeit als Gruppe soll im Unterricht eingeführt, geübt und reflektiert werden, um bei den Lernenden die notwendige Kooperationsfähigkeit anzubahnen. Wiliam & Leahy (2015) empfehlen, mit Partnerarbeit zu beginnen und in einem zweiten Schritt Gruppenarbeit zu implementieren (Wiliam & Leahy, 2015). Kooperation kann aber mit einer von Wiliams (2011) Techniken auch niederschwellig angebahnt und für die innere Differenzierung fruchtbar gemacht werden. Wenn Lernende einen Arbeitsauftrag korrekt bearbeitet haben, kann ihnen die Expert:innen-Rolle zugewiesen werden. Expert:innen haben die Aufgabe, Mitschüler:innen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Wiliam (2011) nennt die Technik „If You’ve Learned It, Help Someone Who Hasn’t“.

Individuelle Verantwortlichkeit

Lehrkräfte sollen in Partner- und Gruppenarbeiten die Verantwortlichkeit jeder:s Lernenden für die Arbeitsergebnisse einfordern. Dies kann mit den nachfolgenden Methoden erreicht werden.

  • Secret-Student-Technik: Diese Methode schlägt Dylan Wiliam den Lehrkräften in der zweiten Folge der BBC-Dokumentation "The Classroom Experiment" vor (Barry, 2010b). Bei der secret student method sucht sich die Lehrkraft zu Beginn eines Schultags oder einer Unterrichtsstunde eine:n Schüler:in aus, ohne deren/dessen Namen zu nennen. Am Ende des Schultags oder der Unterrichtsstunde teilt die Lehrkraft den Lernenden mit, ob die/der "geheime Schüler:in" der Klasse bzw. Gruppe aufgrund ihres/seines Arbeits- und/oder Sozialverhaltens eine vereinbarte Punktzahl eingebracht hat. Wenn die/der "geheime Schüler:in" seiner Klasse bzw. Gruppe die vereinbarte Punktzahl eingebracht hat, nennt die Lehrkraft deren/dessen Namen. Andernfalls bleibt der Name der/des secret student geheim. Somit möchte die secret student method jede:n Schüler:in dazu veranlassen, auf Grundlage von Gruppendruck und Verstärkerplänen Verantwortung für das eigene Verhalten zu übernehmen. Laut Diebig et al. (2021) führte die Secret-Student-Technik im Rahmen studentischer Forschungsprojekte in knapp drei Viertel aller Fälle zu einer Reduktion der Unterrichtsstörungen.
  • preflight checklist: Mit der preflight checklist überträgt die Lehrkraft die Verantwortung für Arbeitsergebnisse auf die/den einzelne:n Lernende:n bzw. deren/dessen Partner:in. Bevor Lernende beispielsweise ein Arbeitsergebnis bei der Lehrkraft abgeben können, soll die/der Partner:in das Arbeitsergebnis mithilfe eines Kriterienrasters (der preflight checklist) auf Vollständigkeit bzw. Korrektheit überprüfen. Erst wenn diese Prüfung positiv ausfällt, darf ein:e Lernende:r ein Arbeitsergebnis bei der Lehrkraft abgeben. Somit ist bei der preflight checklist method ein überwiegend kritisches Feedback bzw. eine schlechte Note das Ergebnis einer schlechten Einzelleistung und einer unzureichenden Prüfung durch die/den Partner:in (Wiliam & Leahy, 2015).
  • challenger role: In Gruppendiskussionen kann einer:m Lernenden die challenger-Rolle zugewiesen werden (Wiliam & Leahy, 2015). Als challenger haben Lernende die Äußerungen ihrer Gruppenmitglieder zu hinterfragen, damit diese dazu veranlasst werden, Begründungen zu formulieren. Auf diese Weise kann zum einen die Qualität der Gruppenergebnisse gesteigert werden. Zum anderen fallen die Äußerungen der Lernenden wegen des Wortes "weil" mit einer dreifach höheren Wahrscheinlichkeit länger aus und sie erzielen in standardisierten naturwissenschaftlichen Aufgaben bessere Leistungen (0,3 Standardabweichungen) sowie in IQ-Tests höhere Werte (Mercer, Dawes, Wegerif, & Sams, 2004 nach Wiliam & Leahy, 2015).
  • W-Fragen: Lernende können Lerninhalte als Gruppe mit W-Fragen erarbeiten. Hierzu können W-Fragen auf einen Würfel, Holzmundspatel oder ein Glücksrad geschrieben werden. Ein:e Lernende:r wählt eine W-Frage nach dem Zufallsprinzip aus und stellt sie einem Gruppenmitglied, das die W-Frage beantworten soll. Auf diese Weise können sich Lernende beispielsweise den Inhalt einer Geschichte erschließen (Wiliam & Leahy, 2015).
  • Kognitive Aktivierung mit Elaborationsfragen: Bei dieser Technik stellen sich Lernende gegenseitig Fragen, die der kognitiven Aktivierung dienen und zur Elaboration des Lernstoffs beitragen sollen (Lötscher & Roos, 2023, S. 75).

          - Was ist der Unterschied zwischen ... und ...?
          - Warum ist ...?
          - Was würde passieren, wenn ...?
         - Warum ist ... ein Beispiel für ...?
         - Was resultiert aus dem Vergleich von ... mit ...?
         - Was ist das beste Argument für oder gegen ...?

  • alternative Bewertung: Um die Notwendigkeit des gegenseitigen Unterstützens in Gruppenarbeiten zu unterstreichen, können Lehrkräfte eine alternative Bewertung vornehmen. So ist es möglich, allen Gruppenmitgliedern lediglich die Durchschnittswertung der Gruppe zu geben oder sogar die Bewertung des schwächsten Gruppenmitglieds auf alle Gruppenmitglieder anzuwenden (Wiliam & Leahy, 2015).

Gruppenziele

Neben der einzufordernden Verantwortlichkeit jeder:s Lernenden sollen Lehrkräfte nach Wiliam & Leahy (2015) auch Gruppenziele einsetzen, um die Qualität der Zusammenarbeit positiv verstärken zu können. Nachfolgend sollen einige der von Wiliam & Leahy (2015) vorgeschlagenen Methoden dargelegt werden.
  • choose-swap-choose: Bei dieser Methode arbeiten Lernende an der gleichen Aufgabe und tauschen anschließend ihre Hefte bzw. Ordner. Die Lernenden wählen im Heft bzw. Ordner ihrer:s Partner:in das beste Arbeitsergebnis aus, geben das Heft bzw. den Ordner zurück und erhalten ebenfalls ihr Heft bzw. ihren Ordner wieder. Dieses Vorgehen kann theoretisch unendlich wiederholt werden, zum Beispiel bei Buchstaben in Schriftlehrgängen.
  • anonyme Punkteverteilung: Die Lehrkraft bewertet bei dieser Methode die Einzelleistungen von Gruppenmitgliedern, teilt aber die Punktevergabe nur anonym mit. Die Aufgabe der Gruppenmitglieder ist es dann, die Punktewertungen den betreffenden Gruppenmitgliedern zuzuordnen und die Gruppenleistung zu steigern.
  • von der Partner- zur Gruppenarbeit: Lehrkräfte lassen Lernende zunächst in Partnerarbeit arbeiten, bevor Gruppenarbeit im Unterricht berücksichtigt wird.
Außerdem raten Wiliam & Leahy (2015) Lehrkräften überall dort Gruppenarbeitsphasen genau zu beobachten, wo wenig oder keine individuelle Verantwortlichkeit eingefordert werden kann bzw. vorhanden ist. Auf diese Weise können Lernende, die andere für sich arbeiten lassen, identifiziert und angesprochen werden.

Gemeinsam lernen

Jones (2021) führt weitere Methoden an, mit denen die Kooperation bzw. das gemeinsame Lernen angebahnt werden kann.
  • Lernende können Wörter (Wortbedeutungen und Wortformen) kooperativ elaborieren (David Goodwin nach Jones, 2021).
  • Die Lehrkraft kann die Lernenden nach der Think-Pair-Share-Methode arbeiten oder Lerninhalte in Partnerarbeit mit W-Fragen wiederholen sowie vertiefen lassen (David Goodwin nach Jones, 2021).
  • Lernende können sich im Rahmen eines Peer-Tutoring-Systems gegenseitig beim Lernen unterstützen. Jedoch sollte es hauptsächlich um ein Wiederholen sowie Vertiefen von bereits behandelten Themen gehen und nicht um das Erarbeiten neuer Lerninhalte. Des Weiteren hat sich gezeigt, dass peer tutoring für alle Lernenden mit Vorteilen verbunden ist, aber schwächere Schüler:innen oder Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf besonders profitieren. Die Lehrkraft hat darüber hinaus Strukturen für das peer tutoring vorzugeben und kurze, intensive Blockphasen (4 bis 10 Wochen) längerfristigen Programmen vorzuziehen (The Education Endowment Foundation, 2018c nach Jones, 2021).


Peer Feedback

Wiliam & Leahy (2015) empfehlen Lehrkräften, bei der Implementierung von peer feedback gemeinsam mit den Lernenden Regeln zu vereinbaren. Jones (2021) achtet in ihrem Unterricht zum Beispiel darauf, dass Rückmeldungen von Lernenden an Lernende freundlich, sachbezogen und hilfreich sind, um den größten Nutzen aus peer feedback ziehen zu können.
Damit Schüler:innen effektive Rückmeldungen geben können, sollen Lehrkräfte den Lernenden Feedback-Techniken vermitteln. So können Lehrkräfte Lernende "two stars and a wish" oder Haftnotizen für Feedbacks einsetzen lassen (Wiliam & Leahy, 2015). Auch bei schriftlichen Arbeitsergebnissen ist peer feedback möglich und kann mithilfe von Korrekturzeichen oder kurzer Kommentare stattfinden. In Anlehnung an Victoria Hewett (nach Jones, 2021) bieten sich die folgenden Kommentare an.
  • Das ist gut.
  • Das verstehe ich nicht.
  • Das reicht mir nicht.
Außerdem sollen Lehrkräfte den Lernenden Satzanfänge bzw. Redemittel für das Formulieren von Rückmeldungen anbieten (siehe AB "Satzanfänge für Feedbacks" im Download-Bereich). Damit Lernende ein Gespür für gutes Feedback entwickeln können, sollen Lehrkräfte Beispiele für hilfreiche und nicht hilfreiche Rückmeldungen demonstrieren und mit den Lernenden besprechen (Wiliam & Leahy, 2015).
Eine weitere Möglichkeit peer feedback zu implementieren, sieht es vor, Lernende als Vermittler:innen zwischen der Lehrkraft und den Lernenden, die eine Rückmeldung erhalten, einzusetzen. Hierzu gibt die Lehrkraft den Lernenden ihre Rückmeldung in Schriftform. Die Aufgabe der Lernenden besteht dann darin, die Rückmeldung zu lesen und den Mitschüler:innen zu übermitteln (Wiliam & Leahy, 2015).
Wiliam & Leahy (2015) empfehlen darüber hinaus, Feedback-Phasen einen festen Ablauf zugrunde zu legen. Auf diese Weise erhalten Lernende ausreichend Zeit für das Verfassen von Rückmeldungen, das Lesen der Rückmeldungen von Mitschüler:innen, das Stellen von Fragen zu den Rückmeldungen der Mitschüler:innen und das Anwenden der Rückmeldungen auf die eigene Arbeit.
Für die Implementierung der peer feedback-Methode schlagen Wiliam & Leahy (2015) eine Vorgehensweise vor. So sollen Lehrkräfte zunächst anonyme Arbeitsergebnisse im Plenum kommentieren lassen. Danach können anonyme Arbeitsergebnisse in Partnerarbeit kommentiert werden. Erst daraufhin sollen Lehrkräfte mit dem Kommentieren von Arbeitsergebnissen aus der Klasse beginnen, wobei auf Freiwilligkeit zu setzen ist. Die Evaluation eigener Arbeitsergebnisse markiert das Ende der vorgeschlagenen Vorgehensweise.


Download-Bereich



Lernende unterstützen einander beim Lernen
Dieses AB fasst das Wichtigste der 4. Strategie zusammen.
kooperation-peer feedback.pdf (37.47KB)
Lernende unterstützen einander beim Lernen
Dieses AB fasst das Wichtigste der 4. Strategie zusammen.
kooperation-peer feedback.pdf (37.47KB)


Satzanfänge für Feedbacks
Das AB bietet Satzanfänge für Feedbacks an.
satzanfänge-feedback.pdf (22.28KB)
Satzanfänge für Feedbacks
Das AB bietet Satzanfänge für Feedbacks an.
satzanfänge-feedback.pdf (22.28KB)






Einführung, Danksagung und Literaturangaben


Definition der formativen Evaluation


Gründe für den Einsatz der formativen Evaluation


Strategien der formativen Evaluation



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