Lernende werden selbstregulierende Lernende
"Most of what our students need to know hasn’t been discovered or invented yet. 'Learning how to learn' used to be an optional extra in education; today, it’s a survival skill" (Wiliam & Leahy, 2015, S. 163)
Selbstreguliertes Lernen
- Kognition: Mentale Prozesse, bei denen es um das Wissen, Verstehen und Lernen von Inhalten geht.
- Metakognition: Mentale Prozesse, die häufig als "Lernen lernen" bezeichnet werden.
- Motivation: Die Bereitschaft, Kognition und Metakognition für das Lernen einzusetzen.
Selbstreguliertes Lernen anbahnen
Selbstreguliertes Lernen können Lehrkräfte anbahnen, indem sie die Lernenden sich selbst evaluieren lassen (Wiliam & Leahy, 2015). Da diese Praxis häufig zu ungenauen oder nicht zutreffenden Ergebnissen führen kann, ist die Selbsteinschätzung an vorab definierte Standards zu knüpfen. Hierzu werden einige Techniken vorgeschlagen, die nachfolgend dargelegt werden.
- farbige Becher: Alle Lernenden erhalten Becher in den Farben grün, gelb und rot. Die Lernenden können der Lehrkraft während des Unterrichts mithilfe der Becher mitteilen, wie sie mit den Aufgaben zurecht kommen (Wiliam & Leahy, 2015).
- Plus-Minus-Interessant: Die Schüler:innen bearbeiten Aufgaben und bewerten diese zum Abschluss, wodurch die Lehrkraft viele Informationen für die Gestaltung des weiteren Unterrichts erhalten kann. Hierzu verwenden die Schüler:innen die Kategorien Plus, Minus und Interessant (Wiliam & Leahy, 2015).
- 5-Finger-Feedback: Bei dem 5-Finger-Feedback steht jeder Finger für ein vorab festgelegtes Feedback-Redemittel, das zur Grundlage einer Reflexion werden kann (Lötscher & Roos, 2023, S. 71).
- Umfragen zum Lernen: Die Lehrkräfte sollen Schüler:innen regelmäßig zu ihrem Lernen befragen. Dies kann mithilfe von Ankreuz-Aufgaben geschehen (siehe AB "Umfrage zum Lernen" im Download-Bereich), die schnell auszufüllen sind und Lehrkräften interessante Einblicke verschaffen können (Wiliam & Leahy, 2015). Jones (2021) empfiehlt Lehrkräften überdies den Einsatz von Checklisten, mit denen Schüler:innen in die Lage versetzt werden, Arbeitsergebnisse oder Arbeitsprozesse eigenständig zu bewerten.
- Leitfaden für die Reflexion: Lehrkräfte können Lernenden auch einen Leitfaden für die Reflexion von Lernprozessen anbieten. Wiliam & Leahy (2015) referieren ein Konzept, auf Grundlage dessen Schüler:innen ihre Gedanken, Gefühle und Handlungen während des Lernens reflektieren können.
- Eine weitere Technik heißt C3B4ME: Bei dieser Technik sollen Lernende zunächst drei Mitschüler:innen fragen, bevor sie mit ihrer Frage zu der Lehrkraft gehen. C3B4ME steht nämlich für "see three before me" (Solution Tree, 2018).
- student reporter: Am Ende einer Unterrichtsstunde kann die Lehrkraft einen oder mehrere student reporter auswählen. Die Aufgabe eines student reporter besteht darin, das Wichtigste des Unterrichts zusammenzufassen und Fragen von Mitschüler:innen zu beantworten. Kann ein:e student reporter eine Frage nicht beantworten, können andere Lernende sie/ihn unterstützen (Solution Tree, 2018).
Beurteilen Lernende ihre Leistungen selbst, haben Lehrkräfte nach Lötscher & Roos (2023) darauf zu achten, dass den Lernenden klar ist, worauf die Selbstevaluation Bezug nehmen soll. Selbstevaluationen können Gefühle, Kompetenzen, den gezeigten Einsatz, individuelle Lernfortschritte oder das Erreichen eines Lernziels zum Inhalt haben.
Des Weiteren können Lehrkräfte für das Anbahnen selbstregulierten Lernens Portfolio-Arbeit in ihren Unterricht aufnehmen. Mit der Portfolio-Arbeit können Schüler:innen Arbeitsergebnisse nicht nur sammeln, sondern ebenso die eigene Entwicklung nachzeichnen (Wiliam & Leahy, 2015).
Selbstreguliertes Lernen kann ebenso mit dem Sammeln und Besprechen von peer feedback angebahnt werden, da die Lernenden auf diese Weise ihre Fähigkeit, Mitschüler:innen Feedback zu geben, entwickeln können (Solution Tree, 2018).
Auch das Einrichten einer Frage-Ecke ("Question Parking Lot") im Klassenzimmer kann dazu beitragen, dass Lernende zunehmend Verantwortung für ihr Lernen übernehmen. Mithilfe der Fragen-Ecke erhalten Schüler:innen die Möglichkeit, Fragen (anonym) zu stellen, die sie im Unterricht nicht stellen wollten oder konnten (Wiliam & Leahy, 2015).
Damit sich Lernende bei der Evaluation von Arbeitsergebnissen nicht aufgrund der Angst, alles erneut bearbeiten zu müssen, zurückhalten, können Lehrende auch auf eine Überarbeitung verzichten. So können Lehrkräfte die Lernenden lediglich dazu auffordern, ihre neu gewonnenen Erkenntnisse darzulegen. (Wiliam & Leahy, 2015).
Schließlich können Schüler:innen Verantwortung für ihr Lernen übernehmen, indem sie Eltern-Lehrkräfte-Gespräche vorbereiten sowie leiten oder von Lehrkräften für Unterrichtshospitationen eingesetzt werden. Bevor Lernende Unterrichtshospitationen durchführen, haben Lehrkräfte sowie Lernende sich zunächst auf Beobachtungskriterien zu einigen. Anschließend soll das Beobachten mithilfe eines zu erstellenden Rasters geübt werden. Die Unterrichtshospitationen können als Präsenzveranstaltungen oder auf Grundlage von Video-Aufnahmen stattfinden. Nach der kriteriengeleiteten Beobachtung können die Lernenden den Lehrkräften ein Feedback geben (Wiliam & Leahy, 2015).