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sprachsensible Unterrichtsmaterialien in Leichter Sprache

Das Lautlesetandem - eine Anleitung zu einem Lautleseverfahren in Leichter Sprache 


Lautlesetandem Die Anleitung für das Lautlestandem ist in Leichter Sprache verfasst.


Was leistet das Lautlesetandem?

Rosebrock & Gold (2018, S. 7-19) beschreiben für das Lesen zwei parallel ablaufende Vorgänge. 

  • Bottom-up-Prozesse: Die Schriftzeichen werden wahrgenommen und die Konstruktion eines Zusammenhangs findet statt. 
  • Top-down-Prozesse: Das Gelesene wird mithilfe des Weltwissens strukturiert und eingeordnet.

Eine besondere Bedeutung weisen Rosebrock & Gold (2018) der Leseflüssigkeit zu, die im Falle einer ausreichenden Ausprägung das Leseverständnis möglich macht. Denn erst eine ausreichend ausgeprägte Leseflüssigkeit gibt kognitive Ressourcen frei, die zur Sinnkonstruktion verwendet werden können. 

Bei einem Lautlesetandem wird Schüler:innen entweder die Rolle eines Trainers oder die eines Sportlers zugewiesen. Die Rollenzuweisung erfolgt in der Regel kompetenzbasiert. Das heißt: Stärkere Leser:innen sind Trainer und schwächere Leser:innen werden zu Sportlern. 

Aufgabe des Sportlers ist es, einen Text laut vorzulesen. Der Trainer fährt mit einem Finger die Zeile entlang und liest halblaut mit. Wenn sich der Sportler verliest, dann erhält sie/er 4 Sekunden Zeit, um sich selbst zu verbessern. Findet innerhalb von 4 Sekunden keine Verbesserung statt, liest der Trainer das Wort richtig vor. Der Sportler hat auch die Möglichkeit, dem Trainer zu signalisieren, dass sie/er allein weiterlesen möchte. Hierzu kann der Sportler das Allein-Lesen-Zeichen zeigen. 

Rosebrock & Gold (2018) haben im Rahmen des Forschungsprojekts "Leseflüssigkeit" an der Universität Frankfurt Lautlesetandems in sechsten Klassen an Haupt- und Gesamtschulen eingeführt. Hierbei arbeiteten die Schüler:innen an drei Tagen einer Woche für die Dauer von 20 Minuten nach der Lautlesetandem-Methode. 


Handelt es sich im Falle des Lautlesetandems um eine Erfolg versprechende Intervention bei Leseschwierigkeiten?

Rosebrock & Gold (2018, S. 15) konnten in ihrem Forschungsprojekt "Leseflüssigkeit" belegen, dass es sich bei der Methode der Lautlesetandems um eine effektive Intervention handelt. Durch die Anwendung der Methode lasen die "leseschwachen Kinder schneller, genauer und intonierter, auch das Textverstehen verbesserte sich deutlich. Das galt gleichermaßen für die 'Sportler' wie auch für die 'Trainer'". 



Tipps für die Durchführung von Lautlesetandems

  • Die Rollenzuweisung soll kompetenzorientiert stattfinden. Die Ergebnisse der Lernstand 5-Diagnose bieten sich hierzu an. Jedoch kann auch sozialen Besonderheiten der Lerngruppe Rechnung getragen werden.
  • Das Lautlesetandem sollte fest im Stundenplan implementiert werden. Rosebrock et al. (2021) empfehlen darüber hinaus, Lautlesetandems dreimal wöchentlich für 20 Minuten durchzuführen.
  • Die Methode der Lautlesetandems bedarf einer Einführung durch die Lehrkraft. Erklären Sie die Methode und demonstrieren Sie die Methode für alle Schüler:innen. Rosebrock et al. (2021) empfehlen, die Lautlesetandems als Wettbewerb zu präsentieren. Um die Leistungsmotivation der Schüler:innen positiv zu beeinflussen, können Preise für das Team mit den größten Fortschritten oder vorbildliche Teamarbeit ausgelobt werden.
  • Um Fortschritte bei der individuellen Leseflüssigkeit erfassen und geeignete Lautlesetandems aus Trainer und Sportler zusammenstellen zu können, empfehlen Rosebrock et al. (2021) eine regelmäßige Evaluation, die drei- bis viermal pro Schulhalbjahr stattzufinden hat, aber auch im Monatsrhythmus durchgeführt werden kann. 
  • Lautlesetandems können im Rahmen von Wochenplan- beziehungsweise Freiarbeit oder in Vertretungsstunden durchgeführt werden. 
  • Verwenden Sie zum Beispiel Kinder- und Jugendbücher als Textgrundlage. Rosebrock & Gold (2018) empfehlen Texte mit einer Länge von 200 bis 300 Wörtern. Damit eine bestmögliche Passung zwischen den zum Einsatz kommenden Texten und den Leser:innen gewährleistet ist, empfehlen Rosebrock et al. (2021), die Schwierigkeit eines Textes mithilfe des Lesbarkeitsindex Lix zu ermitteln. Der Lix bedient sich der prozentualen Häufigkeit langer Wörter (länger als 6 Buchstaben) und der durchschnittlichen Satzlänge, um Texte unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen zuzuordnen. Informationen zum Lix und die Möglichkeit, diesen online auszurechnen, sind auf der Webseite Psychometrica von Lenhard & Lenhard vorhanden.
  • Jeder Text soll nach Rosebrock et al. (2021) mindestens viermal gemeinsam gelesen werden. 
  • Der Bildungsserver Berlin-Brandenburg bietet geeignete Texte auf vier Niveaustufen an: Schuleingangsphase, Niveaustufe B, Niveaustufe C und Niveaustufe D. Die Pädagogische Hochschule Heidelberg bietet ebenfalls einen umfangreichen Textkorpus für Schüler:innen der Klassen 2 bis 8 an. Außerdem gibt es Internetseiten, auf denen Kinder- und Jugendbücher kostenlos zur Verfügung stehen: einfach vorlesen! und BookRix
  • Die Educerio-Lautlesetandem-Anleitung ist auch über den Deutschen Bildungsserver abrufbar.



Literatur

  • Bredel, U & Maaß, C. (2016). Leichte Sprache. Theoretische Grundlagen, Orientierung für die Praxis. Dudenverlag.
  • Caviglioli, O. (2019). Dual Coding With Teachers. John Catt Educational.
  • Lenhard, W. & Lenhard, A. (2014-2022). Berechnung des Lesbarkeitsindex LIX nach Björnson. Verfügbar unter: http://www.psychometrica.de/lix.html. Dettelbach: Psychometrica. DOI: 10.13140/RG.2.1.1512.3447
  • Rosebrock, C. & Gold, A. (2018). Flüssigkeit als Kategorie für die Diagnose und Förderung von Lesefertigkeit.  In Kutzelmann, S. & Rosebrock, C. (Hrsg.). Praxis der Lautleseverfahren (S. 7-19). Schneider Verlag Hohengehren.
  • Rosebrock, C., Nix, D., Rieckmann, C. & Gold, A. (2021). Leseflüssigkeit fördern: Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe (7. Auflage). Klett Kallmeyer.








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